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gastrotel weekly | 29.09.2022

„Grundsätzliche Mangellage im Markt“

Veltins In Deutschland macht sich spürbar ein Mangel von Kohlensäure breit, die unter anderem wichtig für die Bier-Produktion ist. Während einzelne Brauereien bereits ihre Produktion (teilweise) eingestellt haben, sehen große Brauereien wie etwa Veltins vorerst keine Engpässe / Foto: Brauerei C. & A. Veltins

Derzeit läuft das Oktoberfest in München, wieder zum ersten Mal nach 2019. Kein anderes Volksfest in Deutschland wird so mit dem Bier verbunden wie das auf der Theresienwiese. Der diesjährige Rückgang des Bierkonsums um 15 Prozent, so das Oktoberfest in seiner Halbzeitbilanz, lässt sich allerdings nicht auf weniger gebrautes Bier aufgrund von Kohlensäuremangel zurückführen. Eher kamen wegen des schlechten Wetters weniger Besucher.

Dennoch: Der Kohlensäuremangel in Deutschland wird stärker – nicht nur beim Bier, sondern auch bei der Produktion von Mineralwasser, Fruchtsäften und Lebensmitteln. Einzelne Brauereien stellten laut Medienberichten bereits ihre Produktion (teilweise) ein. Was heißt das für das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen und für die Gastronomie? Drohen leere Bierflaschen, -gläser und -krüge in Restaurants, Bars und Co.?

Stimmen aus der Branche

Welche Erfahrungen machen Sie gerade zum Kohlensäuremangel? Ist Ihre Produktion betroffen, müssen Sie gar die Produktion (oder Teile) stilllegen? – wollten wir von den großen Brauereien Bitburger, Erdinger, Krombacher, Radeberger und Veltins wissen. Mit dem Ergebnis: Engpässe bei der Produktion der befragten Unternehmen seien aktuell nicht zu befürchten.

„Es ist richtig, derzeit besteht mit Blick auf Kohlensäure eine sehr angespannte Situation bei den Brauern, die diese insbesondere für technische Prozesse im Abfüllbereich (das sogenannte „Vorspannen“ von Gebinden im Abfüllbereich) benötigen. Bisher konnten wir dies in unseren Brauereien noch überwiegend aussteuern, auch, weil wir dort vornehmlich Gärungskohlensäure aus unserer eigenen Produktion einsetzen – und unsere Produktionsabläufe daher am Gros unserer Standorte autark und unabhängig von diesen Marktverwerfungen erfolgen. Insofern hat der Mangel an Kohlensäure in unseren Brauereien bisher nicht zu wesentlichen Einschränkungen unserer Produktionsabläufe geführt. Allerdings gilt: Die Mangellage an Kohlensäure ist ja insbesondere durch eine Drosselung der Produktionskapazitäten bei den Anbietern (Stichwort Düngemittelproduktion) entstanden – und somit keine sich kurzfristig absehbar entspannende Situation. Infolgedessen beobachten auch wir die weiteren Entwicklungen natürlich sehr aufmerksam, arbeiten mit Hochdruck daran, mögliche Engpässe zu vermeiden, können jedoch auf die grundsätzliche Mangellage im Markt leider keinen Einfluss nehmen“, heißt es von Birte Kleppien aus der Unternehmenskommunikation der Radeberger Gruppe.

„Wir produzieren aktuell in vollem Umfang und planen auch entsprechend“, berichtet die Krombacher Brauerei. Allerdings, so Peter Lemm, Leiter der Unternehmenskommunikation: „Auch wir stehen aktuell unter anderem beim Thema Kohlensäurenagel vor großen Herausforderungen, die wir aber mit entsprechendem Aufwand und großem Engagement sehr gut meistern.“

Auch bei Erdinger und der Bitburger Braugruppe drohen derzeit aufgrund von Kohlensäure keine Engpässe. Dr. Stefan Kreisz, Geschäftsführer Technik, Logistik, Einkauf und Personal bei Erdinger: „Wir sind in einer komfortablen Situation: Kohlensäure kann bei uns kaum knapp werden. Unsere CO2-Rückgewinnungsanlage nimmt die bei der Gärung im Tank natürlich entstehende Kohlensäure auf und bereitet sie auch zur Wiederverwendung auf. Dadurch gewinnen wir den gesamten Jahresbedarf an CO2 selbst – auf den Zukauf können wir vollständig verzichten.“

„Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Kohlensäure hat keine Auswirkungen auf die Produktion in der Bitburger Braugruppe. An allen Standorten wird die bei der Gärung des Bieres entstehende Kohlensäure zurückgewonnen und in Tanks gespeichert. Die so gewonnene Menge ist ausreichend für die gesamte Produktion, weshalb es im Normalfall nicht erforderlich ist, zusätzliche Kohlensäure einzukaufen“, so die Pressestelle der Bitburger Braugruppe auf unsere Anfrage.  

Gleiches gilt bei Veltins. Dank verlässlicher technischer Strukturen ist die Versorgung von CO2 für die Brauerei C. & A. Veltins kein Problem. Pressesprecher Ulrich Biene: „Die Brauerei C. & A. Veltins benötigt unverzichtbar Kohlensäure im Abfüllprozess, kann aber den Eigenbedarf selbst decken. Beim Befüllen von Flaschen und Dosen mit frischem Veltins werden die Gebinde mit CO2 „vorgespannt“. Dies sorgt dafür, dass das Produkt nicht mit Sauerstoff in Verbindung kommt und nicht schäumt. Auch die Lager und Drucktanks werden vor dem Befüllen mit Kohlensäure vorgespannt. Gewonnen wird die Gärungskohlensäure im Gärprozess und dann über ein Rohrleitungssystem in die Anlage befördert. Weil Veltins in der Hauptsaison quasi CO2-autark braut und abfüllt, muss lediglich in den saisonal schwächeren Produktionsmonaten zugekauft werden. Dort gibt es aber keine Lieferprobleme.“

Stellungnahme der Verbände der deutschen Getränkewirtschaft

Auch der Verband Deutscher Mineralbrunnen, der Deutsche Brauer-Bund, der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie, der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels und der Verband Private Brauereien beobachten die Entwicklungen am Markt. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Verbände Mitte September forderten sie die Bundesregierung zum Handeln hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen auf.

„Seit Beginn der Corona-Krise haben die Unternehmen der Getränkewirtschaft – auch als engste Partner der Gastronomie – erhebliche finanzielle Nachteile erleiden müssen“, heißt es in der Mitteilung. Zusätzlich habe die aktuelle Situation, insbesondere die Kostensteigerungen für Unternehmen ein existenzbedrohendes Ausmaß erreicht, wie die Verbände betonen. „Dies betrifft Handwerk und Mittelstand ebenso wie Industrie. Ob Gas, Strom oder Kraftstoffe, ob Agrarrohstoffe, Verpackungen oder Logistik – exzessive Kostensteigerungen, gepaart mit zunehmenden Störungen der Lieferkette und Lieferausfällen, übersteigen bei vielen Unternehmen der Getränkewirtschaft die Grenzen der Belastbarkeit.“

Eine Forderung der Verbände an die Regierung ist, die Versorgung mit Kohlendioxid sicherzustellen. „Die Entwicklungen in der europäischen Düngemittelproduktion, wo aufgrund der gestiegenen Energiepreise die Produktion in erheblichem Maß gedrosselt wurde, sind besorgniserregend. Stilllegungen führen neben einem Mangel an Dünger zu einer Verknappung von Kohlendioxid (CO2), das bei der Ammoniakproduktion als Nebenprodukt anfällt und in der Ernährungsindustrie für Produktions- und Verpackungsprozesse dringend benötigt wird. Bedeutende CO2-Lieferanten der Lebensmittelwirtschaft haben bereits „Force Majeure“ angemeldet, nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen Liefermengen sind derzeit – allerdings zu immensen Kosten – am Markt verfügbar. Viele mittelständische Brauereien und Abfüller von Erfrischungsgetränken wie auch Mineralbrunnen werden aktuell gar nicht mehr mit Kohlensäure beliefert. Die besonders auf die Verfügbarkeit von CO2 angewiesenen Unternehmen der Getränkeindustrie, darunter immer mehr Brunnen, Brauereien und Fruchtsafthersteller, müssen deshalb teilweise ihre Produktion einschränken oder einstellen. Hier darf der Staat nicht untätig bleiben.“


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gastrotel weekly „Grundsätzliche Mangellage im Markt“ Derzeit läuft das Oktoberfest in München, wieder zum ersten Mal nach 2019. Kein anderes Volksfest in Deutschland wird so mit dem Bier verbunden wie das auf der Theresienwiese. Der diesjährige Rückgang des Bierkonsums um 15 Prozent, so das Oktoberfest in seiner Halbzeitbilanz, lässt sich allerdings nicht auf weniger gebrautes Bier aufgrund von Kohlensäuremangel zurückführen. Eher kamen wegen des schlechten Wetters weniger Besucher.Dennoch: Der Kohlensäuremangel in Deutschland wird stärker – nicht nur beim Bier, sondern auch bei der Produktion von Mineralwasser, Fruchtsäften und Lebensmitteln. Einzelne Brauereien stellten laut Medienberichten bereits ihre Produktion (teilweise) ein. Was heißt das für das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen und für die Gastronomie? Drohen leere Bierflaschen, -gläser und -krüge in Restaurants, Bars und Co.?Stimmen aus der BrancheWelche Erfahrungen machen Sie gerade zum Kohlensäuremangel? Ist Ihre Produktion betroffen, müssen Sie gar die Produktion (oder Teile) stilllegen? – wollten wir von den großen Brauereien Bitburger, Erdinger, Krombacher, Radeberger und Veltins wissen. Mit dem Ergebnis: Engpässe bei der Produktion der befragten Unternehmen seien aktuell nicht zu befürchten.„Es ist richtig, derzeit besteht mit Blick auf Kohlensäure eine sehr angespannte Situation bei den Brauern, die diese insbesondere für technische Prozesse im Abfüllbereich (das sogenannte „Vorspannen“ von Gebinden im Abfüllbereich) benötigen. Bisher konnten wir dies in unseren Brauereien noch überwiegend aussteuern, auch, weil wir dort vornehmlich Gärungskohlensäure aus unserer eigenen Produktion einsetzen – und unsere Produktionsabläufe daher am Gros unserer Standorte autark und unabhängig von diesen Marktverwerfungen erfolgen. Insofern hat der Mangel an Kohlensäure in unseren Brauereien bisher nicht zu wesentlichen Einschränkungen unserer Produktionsabläufe geführt. Allerdings gilt: Die Mangellage an Kohlensäure ist ja insbesondere durch eine Drosselung der Produktionskapazitäten bei den Anbietern (Stichwort Düngemittelproduktion) entstanden – und somit keine sich kurzfristig absehbar entspannende Situation. Infolgedessen beobachten auch wir die weiteren Entwicklungen natürlich sehr aufmerksam, arbeiten mit Hochdruck daran, mögliche Engpässe zu vermeiden, können jedoch auf die grundsätzliche Mangellage im Markt leider keinen Einfluss nehmen“, heißt es von Birte Kleppien aus der Unternehmenskommunikation der Radeberger Gruppe.„Wir produzieren aktuell in vollem Umfang und planen auch entsprechend“, berichtet die Krombacher Brauerei. Allerdings, so Peter Lemm, Leiter der Unternehmenskommunikation: „Auch wir stehen aktuell unter anderem beim Thema Kohlensäurenagel vor großen Herausforderungen, die wir aber mit entsprechendem Aufwand und großem Engagement sehr gut meistern.“Auch bei Erdinger und der Bitburger Braugruppe drohen derzeit aufgrund von Kohlensäure keine Engpässe. Dr. Stefan Kreisz, Geschäftsführer Technik, Logistik, Einkauf und Personal bei Erdinger: „Wir sind in einer komfortablen Situation: Kohlensäure kann bei uns kaum knapp werden. Unsere CO2-Rückgewinnungsanlage nimmt die bei der Gärung im Tank natürlich entstehende Kohlensäure auf und bereitet sie auch zur Wiederverwendung auf. Dadurch gewinnen wir den gesamten Jahresbedarf an CO2 selbst – auf den Zukauf können wir vollständig verzichten.“„Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Kohlensäure hat keine Auswirkungen auf die Produktion in der Bitburger Braugruppe. An allen Standorten wird die bei der Gärung des Bieres entstehende Kohlensäure zurückgewonnen und in Tanks gespeichert. Die so gewonnene Menge ist ausreichend für die gesamte Produktion, weshalb es im Normalfall nicht erforderlich ist, zusätzliche Kohlensäure einzukaufen“, so die Pressestelle der Bitburger Braugruppe auf unsere Anfrage.  Gleiches gilt bei Veltins. Dank verlässlicher technischer Strukturen ist die Versorgung von CO2 für die Brauerei C. & A. Veltins kein Problem. Pressesprecher Ulrich Biene: „Die Brauerei C. & A. Veltins benötigt unverzichtbar Kohlensäure im Abfüllprozess, kann aber den Eigenbedarf selbst decken. Beim Befüllen von Flaschen und Dosen mit frischem Veltins werden die Gebinde mit CO2 „vorgespannt“. Dies sorgt dafür, dass das Produkt nicht mit Sauerstoff in Verbindung kommt und nicht schäumt. Auch die Lager und Drucktanks werden vor dem Befüllen mit Kohlensäure vorgespannt. Gewonnen wird die Gärungskohlensäure im Gärprozess und dann über ein Rohrleitungssystem in die Anlage befördert. Weil Veltins in der Hauptsaison quasi CO2-autark braut und abfüllt, muss lediglich in den saisonal schwächeren Produktionsmonaten zugekauft werden. Dort gibt es aber keine Lieferprobleme.“ Stellungnahme der Verbände der deutschen GetränkewirtschaftAuch der Verband Deutscher Mineralbrunnen, der Deutsche Brauer-Bund, der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie, der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels und der Verband Private Brauereien beobachten die Entwicklungen am Markt. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Verbände Mitte September forderten sie die Bundesregierung zum Handeln hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen auf.„Seit Beginn der Corona-Krise haben die Unternehmen der Getränkewirtschaft – auch als engste Partner der Gastronomie – erhebliche finanzielle Nachteile erleiden müssen“, heißt es in der Mitteilung. Zusätzlich habe die aktuelle Situation, insbesondere die Kostensteigerungen für Unternehmen ein existenzbedrohendes Ausmaß erreicht, wie die Verbände betonen. „Dies betrifft Handwerk und Mittelstand ebenso wie Industrie. Ob Gas, Strom oder Kraftstoffe, ob Agrarrohstoffe, Verpackungen oder Logistik – exzessive Kostensteigerungen, gepaart mit zunehmenden Störungen der Lieferkette und Lieferausfällen, übersteigen bei vielen Unternehmen der Getränkewirtschaft die Grenzen der Belastbarkeit.“Eine Forderung der Verbände an die Regierung ist, die Versorgung mit Kohlendioxid sicherzustellen. „Die Entwicklungen in der europäischen Düngemittelproduktion, wo aufgrund der gestiegenen Energiepreise die Produktion in erheblichem Maß gedrosselt wurde, sind besorgniserregend. Stilllegungen führen neben einem Mangel an Dünger zu einer Verknappung von Kohlendioxid (CO2), das bei der Ammoniakproduktion als Nebenprodukt anfällt und in der Ernährungsindustrie für Produktions- und Verpackungsprozesse dringend benötigt wird. Bedeutende CO2-Lieferanten der Lebensmittelwirtschaft haben bereits „Force Majeure“ angemeldet, nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen Liefermengen sind derzeit – allerdings zu immensen Kosten – am Markt verfügbar. Viele mittelständische Brauereien und Abfüller von Erfrischungsgetränken wie auch Mineralbrunnen werden aktuell gar nicht mehr mit Kohlensäure beliefert. Die besonders auf die Verfügbarkeit von CO2 angewiesenen Unternehmen der Getränkeindustrie, darunter immer mehr Brunnen, Brauereien und Fruchtsafthersteller, müssen deshalb teilweise ihre Produktion einschränken oder einstellen. Hier darf der Staat nicht untätig bleiben.“

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