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Management & Strategien | 24.08.2018

„Wir brauchen wieder mehr Respekt vor gutem Essen“

Alain Passard / Foto: G.Prado

Seit 22 Jahren hält Alain Passard drei Michelin-Sterne mit seinem Pariser Restaurant „L'Arpège“ und das, obwohl im Jahr 2001 Fleisch von der Speisenkarte gestrichen wurde. In mittlerweile drei Gemüsegärten baut Passard seine Zutaten selbst an.

Im ehemaligen kaiserlichen Jagdhaus bekochte er kürzlich eine exklusive Runde (Preis ab 1.100 Euro pro Person) am Attersee im Forstamt, dem Wohnsitz der Wein- und Delikatessen-Familie Wolf. Es war ein Besuch bei Freunden, bei Katharina und Konstantin Wolf. Die Kinder des verstorbenen Wein-Papsts und WeinArt-Gründers Carlo Wolf haben sein Erbe angetreten und sind mit dem Wein- und Delikatessen-Handel Kate&Kon in seine Fußstapfen getreten. Ein Interview mit Alain Passard.


Herr Passard, was bringt Sie an den Attersee?

Es ist die Verbundenheit mit der Familie Wolf. Carlo war ein ganz alter und enger Freund von mir, ein Seelenverwandter, mit dem wir für immer eine wahre Größe im internationalen Wein-Business verloren haben. Jetzt kam ich auf Einladung seiner Kinder Katharina und Konstantin, die mit Kate&Kon sein großes Erbe angetreten sind. Und ich sehe: Die zwei haben viel gelernt von ihm und Carlo lebt in ihnen weiter.

Was schätzen Sie besonders an der österreichischen Küche?

Besonders fällt mir auf, dass die Österreicher ähnlich wie die Franzosen auf die Qualität ihrer Zutaten achten, denn das ist die Basis für gutes und gesundes Essen.

Und was essen Sie am liebsten, wenn sie in Österreich sind?

Kaiser-Schmarrn. Am liebsten schön karamellisiert und mit feinem Obst, wie Pflaumen.

Heute bekommen wir alles zu essen, überall und immer – ist das okay so?

Viele Menschen empfinden das als Luxus, aber sie sehen nicht die Probleme, die wir uns damit schaffen. Eine Erdbeere im Dezember im Supermarkt zu einem Dumping-Preis ist alles andere als okay. Es ist eine Sünde. Warum müssen wir diese aus Marokko oder Südspanien quer durch Europa transportieren? Was für ein Irrsinn. Und man muss sich einmal ansehen, was dadurch in den Regionen passiert, wo diese industriell angebaut werden, das sieht schlimm aus. Nein, es ist nicht okay. Wir müssen wieder hin zur saisonalen Ernährung, für unsere Körper, für unsere Umwelt.

Glauben Sie, dass alle das mitmachen können und werden?

Selbstverständlich nicht unmittelbar. Das ist ein Prozess. Aber ich glaube fest daran, dass es bereits ein Umdenken beim Essen gibt, in Richtung Qualität und Tierwohl. Es ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bio und Fairtrade sind schon beinahe Standard. Das mit der Saisonalität wird auch schon viel in meinem Bekanntenkreis umgesetzt, aber dafür braucht es noch Zeit. Das muss sich entwickeln, da hat der Staat eine Pflicht, aber auch die Familien, Eltern, die Schulen, die Landwirtschaft und der Handel werden sich bewegen müssen.

Was kann der Staat denn machen?

Da passiert in viele Richtungen etwas. Betrachten sie die Geschichte rund um das Gift Glyphosat. Gesetze werden strenger werden, zum Schutz der Verbraucher, und das wird die Qualität unserer Lebensmittel steigern. Das ist das eine, aber ich beobachte zunehmend auch die Renaissance des Gartens. Egal wo, die Leute bauen wieder selbst an und wollen das Gefühl haben, etwas qualitativ Hochwertiges geschaffen zu haben und es dann genießen.

Wie stehen Sie zu Fett und Zucker, die viel in der Kritik stehen, dick und krank zu machen?

Fett und Zucker sind nicht per se schlecht. Es ist wie mit anderen Genussmitteln – das Maß muss einfach nur stimmen. Hier sind die Eltern und die Familien wie auch die Schule gefordert. Viele haben die Möglichkeit, mit ihren Kindern mal ein Stück Gemüse anzubauen und es dann mit ihnen zu ernten. Macht das und ihr werdet sehen, eure Kinder essen es mit Freude. Schluss mit der Überholspur, Zeit für Zutaten und Zubereitung muss wieder her. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Kinder im Supermarkt den Eindruck bekommen, dass das Fleisch in der Kühltruhe und die Erdbeeren auf dem Grabbeltisch wachsen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es alles immer gibt. Schlechte Ernährung ist ein Problem, das uns alle einholt. Wenn sie mich fragen, was die Zukunft sein wird: Wieder mehr Respekt vor gutem Essen.

Und was ist die Zukunft des Fleisches?

Wir werden noch lange Fleisch essen, aber zunehmend Qualität. Das sind auch die Erfolgsgeheimnisse von jungen Labels wie hier Kate&Kon. Qualität statt Quantität. So wie es derzeit läuft, geht es nicht mehr allzu lange weiter. Fleisch hat seinen Preis und wird ihn wieder haben müssen, im Interesse der Tiere und der Umwelt. Mit dem Fleisch wird es sein wie mit Obst und Gemüse. Alles zu seiner Zeit, hochwertig und frisch, nämlich saisonal. Weniger und bedachterer Fleischkonsum, wasserhaltiges Obst in den Sommer sowie festes Gemüse in die dunkle Jahreszeit.

www.alain-passard.com

www.kateandkon.com


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Management & Strategien „Wir brauchen wieder mehr Respekt vor gutem Essen“ Seit 22 Jahren hält Alain Passard drei Michelin-Sterne mit seinem Pariser Restaurant „L'Arpège“ und das, obwohl im Jahr 2001 Fleisch von der Speisenkarte gestrichen wurde. In mittlerweile drei Gemüsegärten baut Passard seine Zutaten selbst an.Im ehemaligen kaiserlichen Jagdhaus bekochte er kürzlich eine exklusive Runde (Preis ab 1.100 Euro pro Person) am Attersee im Forstamt, dem Wohnsitz der Wein- und Delikatessen-Familie Wolf. Es war ein Besuch bei Freunden, bei Katharina und Konstantin Wolf. Die Kinder des verstorbenen Wein-Papsts und WeinArt-Gründers Carlo Wolf haben sein Erbe angetreten und sind mit dem Wein- und Delikatessen-Handel Kate&Kon in seine Fußstapfen getreten. Ein Interview mit Alain Passard.Herr Passard, was bringt Sie an den Attersee?Es ist die Verbundenheit mit der Familie Wolf. Carlo war ein ganz alter und enger Freund von mir, ein Seelenverwandter, mit dem wir für immer eine wahre Größe im internationalen Wein-Business verloren haben. Jetzt kam ich auf Einladung seiner Kinder Katharina und Konstantin, die mit Kate&Kon sein großes Erbe angetreten sind. Und ich sehe: Die zwei haben viel gelernt von ihm und Carlo lebt in ihnen weiter.Was schätzen Sie besonders an der österreichischen Küche?Besonders fällt mir auf, dass die Österreicher ähnlich wie die Franzosen auf die Qualität ihrer Zutaten achten, denn das ist die Basis für gutes und gesundes Essen.Und was essen Sie am liebsten, wenn sie in Österreich sind?Kaiser-Schmarrn. Am liebsten schön karamellisiert und mit feinem Obst, wie Pflaumen.Heute bekommen wir alles zu essen, überall und immer – ist das okay so?Viele Menschen empfinden das als Luxus, aber sie sehen nicht die Probleme, die wir uns damit schaffen. Eine Erdbeere im Dezember im Supermarkt zu einem Dumping-Preis ist alles andere als okay. Es ist eine Sünde. Warum müssen wir diese aus Marokko oder Südspanien quer durch Europa transportieren? Was für ein Irrsinn. Und man muss sich einmal ansehen, was dadurch in den Regionen passiert, wo diese industriell angebaut werden, das sieht schlimm aus. Nein, es ist nicht okay. Wir müssen wieder hin zur saisonalen Ernährung, für unsere Körper, für unsere Umwelt.Glauben Sie, dass alle das mitmachen können und werden?Selbstverständlich nicht unmittelbar. Das ist ein Prozess. Aber ich glaube fest daran, dass es bereits ein Umdenken beim Essen gibt, in Richtung Qualität und Tierwohl. Es ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bio und Fairtrade sind schon beinahe Standard. Das mit der Saisonalität wird auch schon viel in meinem Bekanntenkreis umgesetzt, aber dafür braucht es noch Zeit. Das muss sich entwickeln, da hat der Staat eine Pflicht, aber auch die Familien, Eltern, die Schulen, die Landwirtschaft und der Handel werden sich bewegen müssen.Was kann der Staat denn machen?Da passiert in viele Richtungen etwas. Betrachten sie die Geschichte rund um das Gift Glyphosat. Gesetze werden strenger werden, zum Schutz der Verbraucher, und das wird die Qualität unserer Lebensmittel steigern. Das ist das eine, aber ich beobachte zunehmend auch die Renaissance des Gartens. Egal wo, die Leute bauen wieder selbst an und wollen das Gefühl haben, etwas qualitativ Hochwertiges geschaffen zu haben und es dann genießen.Wie stehen Sie zu Fett und Zucker, die viel in der Kritik stehen, dick und krank zu machen?Fett und Zucker sind nicht per se schlecht. Es ist wie mit anderen Genussmitteln – das Maß muss einfach nur stimmen. Hier sind die Eltern und die Familien wie auch die Schule gefordert. Viele haben die Möglichkeit, mit ihren Kindern mal ein Stück Gemüse anzubauen und es dann mit ihnen zu ernten. Macht das und ihr werdet sehen, eure Kinder essen es mit Freude. Schluss mit der Überholspur, Zeit für Zutaten und Zubereitung muss wieder her. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Kinder im Supermarkt den Eindruck bekommen, dass das Fleisch in der Kühltruhe und die Erdbeeren auf dem Grabbeltisch wachsen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es alles immer gibt. Schlechte Ernährung ist ein Problem, das uns alle einholt. Wenn sie mich fragen, was die Zukunft sein wird: Wieder mehr Respekt vor gutem Essen.Und was ist die Zukunft des Fleisches?Wir werden noch lange Fleisch essen, aber zunehmend Qualität. Das sind auch die Erfolgsgeheimnisse von jungen Labels wie hier Kate&Kon. Qualität statt Quantität. So wie es derzeit läuft, geht es nicht mehr allzu lange weiter. Fleisch hat seinen Preis und wird ihn wieder haben müssen, im Interesse der Tiere und der Umwelt. Mit dem Fleisch wird es sein wie mit Obst und Gemüse. Alles zu seiner Zeit, hochwertig und frisch, nämlich saisonal. Weniger und bedachterer Fleischkonsum, wasserhaltiges Obst in den Sommer sowie festes Gemüse in die dunkle Jahreszeit.www.alain-passard.comwww.kateandkon.com

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