gastrotel weekly | 10.02.2022

Gedanken formen Wirklichkeit

Lisa Boje Lisa Boje (links), Gründerin und Geschäftsführerin „Die Hotelharmonisierer“, ist Führungskräftetrainerin, Hotelberaterin und „Perlentaucherin“ / Foto: Nina Grützmacher

Ein Gespräch mit der Führungskräftetrainerin und Hotelberaterin Lisa Boje über verunsicherte Führungskräfte im Gastgewerbe, den fälligen Kulturwandel im Umgang mit den Generationen Y und Z, das richtige Mindset und Geige spielende Köche. Die Fragen stellte Peter Erik Hillenbach

Frau Boje, Ihr dreitägiges deep dive-Training heißt „Vom Kollegen zum Chef“. Sie sprechen damit verunsicherte Führungskräfte an, die sich ihrer Rolle nicht sicher sind. Was bedeutet für Sie – heute, in Coronazeiten – Führung in Gastronomie und Hotellerie?

Führung ist ein großes und sehr wichtiges Thema insbesondere in Krisenzeiten. Die Branche erlebt gerade eine Wahnsinnsveränderung, und diese bringt vor allem eines mit sich: Sie nagt am Sicherheitsgefühl, Angst bricht durch. Man verliert Mut, zieht sich zurück, weicht Problemen aus. Das ist für mich der Hauptgrund, warum in der Hotellerie und Gastronomie so viele Mitarbeiter abwandern.

Zudem lassen sich 80 Prozent der Kündigungsgründe auf eine unzureichende Führung zurückführen. Das bedeutet, dass der Teamleiter maßgeblich für den Unternehmenserfolg verantwortlich ist. Folglich ist die wichtigste Aufgabe einer Führungsperson derzeit, Sicherheit und Zuversicht auszustrahlen und diese auch geben zu können.

Die heutige Führung muss also höchst stressresistent sein. Dabei hilft es, den Fokus aufs Positive gerichtet zu halten. Zweifler und „Realisten“ sind hier fehl am Platz. Die Führungspersönlichkeit muss charismatisch und glaubhaft sein und zudem Coaching-Qualitäten besitzen.

Wie hat sich die Führung in den letzten Jahren verändert? Was braucht die neue Führung?

Die hierarchische Führung hat abgedankt. Das echte Interesse am Menschen, ihm Gutes tun und ihm helfen zu wollen, wenn nötig sogar bis in den privaten Bereich hinein, ist die Triebfeder, die die heutige Führungskraft mitbringen sollte.

Wenn wir mit der Krise durch sind – am besten schon früher –, heißt es, sein Team weiterzuentwickeln. Jedem einzelnen zu helfen, sich zu verwirklichen und seinen Berufsalltag mit Sinn zu füllen. Es liegen also große Aufgaben in den Händen der heutigen Teamleiter.

Das Schlimme daran: Sie fehlen uns. Das Gute: Man kann sehr gut lernen, eine tolle Führungskraft zu werden. Dabei setze ich bei meinen Leadership-Trainings auf drei essenzielle Dinge, die für tiefgreifende, nachhaltige Veränderungen sorgen:

1) das richtige Mindset und Rollenverständnis

2) Persönlichkeitsentwicklung und das (Wieder-)Entdecken der eigenen Führungsfähigkeiten

3) gewinnende, achtsame Teamkommunikation

Verunsicherung in der Teamleitung kennt unterschiedliche Ausprägungen. Welche Typen kennen Sie aus der Praxis?

Da gibt es die, die aus der Linie durch gute Arbeit und über die Zeit in die Führungsposition hochgespült wurden. Sie waren jahrelang Kollegen. Haben sich verbündet gegen ihren vorigen Teamleiter. Und jetzt sollen sie dem Team Anweisungen geben und klare, unbequeme Entscheidungen treffen? Oft fehlt es an Standing und Abgrenzung. Sie wollen sich nicht alleine da oben fühlen. Einige wollen zurück ins Rudel.

Wenn du komplett neu in einen Betrieb stößt, fehlen dir Verbündete, Informationen, Interna, das Gespür fürs Miteinander und auch fürs Gegeneinander. Du kämpfst gegen Neider, Abteilungsrivalitäten, dafür, deine Position nach oben wie nach unten zu verteidigen. Vertrauensvorschuss vom bestehenden Team bekommen nicht viele neue Führungskräfte.

Dann haben wir die Junior-Chefs, die in die Schuhe ihrer Gastgebereltern schlüpfen sollen. Als Kinder haben sie mit den Mitarbeitenden Schnick-Schnack-Schnuck gespielt. Der Mythos des großen Gastgebers hängt über ihnen. Oft können sich die Senioren nicht aus dem operativen Geschäft des Juniors raushalten. Hier frischen Wind und eigene Ideen umzusetzen, dem Team ein Vorzeigechef zu sein, fällt wirklich schwer und hat enorm mit eigner Persönlichkeitsentwicklung und Klärung der eigenen Rolle zu tun. Genau die möchte ich in meinen Workshops erlebbar machen.

Keine „bossige“ Körpersprache, kein krasses Manipulationsgeschick – solche Tools wollen Sie verunsicherten Führungskräften nicht vermitteln. Wo setzen Sie denn dann an?

Im Kern. Für mich funktioniert Führung nur dann wirklich, wenn sie von innen nach außen gelebt wird. Blender entlarven wir nach kurzer Zeit. Damit hast du als Führungskraft sofort verloren. Zu enthusiastische Leiter, die aufgesetzt wirken, nerven. Wir schalten innerlich auf Durchzug. Manipulative, herrische Chefs lösen Widerstand und innere Kündigungen aus. Wir wollen uns nicht mehr vorführen oder kleinmachen lassen. Genau das Gegenteil wünschen sich die Angestellten. Nämlich Selbstverwirklichung und den wertschätzenden Umgang.

Um Menschen zu öffnen und für eine gemeinsame Sache zu begeistern, helfen dem Teamleiter Selbstwert und Selbstwirksamkeit in Kombination mit einer vertrauensvollen Kommunikation und hilfsbereiten Haltung. In meinem deep dive-Training lernst du, wie du dich verhältst, dass du allen Seiten gerecht wirst, du Gutes bewirkst und eine Aufwärtsspirale in Gang setzt. Das macht Mut und wirkt nachhaltig.

Ist ein Kulturwandel im Hinblick auf die Mitarbeiterführung nötig, besonders mit Blick auf die Generationen Y und Z?

Der Kulturwandel ist schon lange überfällig und wird durch Corona brandbeschleunigt. Die Generation Y und Z lebt uns Älteren ehrlicherweise das vor, was wir eigentlich als große Sehnsucht in uns tragen, wir es uns aber bisher nicht getraut haben, dafür einzustehen.

Eine tolle Work-Life-Balance? Die hätte ich mir in meiner Hotelkauffrau-Ausbildung in den 1990-ern nie zu träumen gewagt. Heute wird sie lauthals eingefordert. Vier-Tage-Wochen werden als großer Schritt gefeiert. Für mich sind sie eine logische und übernotwendige Konsequenz für all die Extrastunden und Wochenendarbeit, die wir in unserer Branche leisten.

Was wäre gerade jetzt nötig, um Corona-bedingt verlorene Mitarbeiter wieder zurück in die Gastronomie oder Hotellerie zu holen und Ausbildungsplätze besetzen zu können?

Da, wo das Betriebsklima top ist, wo sich das Personal mit seinen Ideen und Leidenschaften verwirklichen kann, wo der Profit nebensächlich, dafür das große Ganze mit einbezogen wird in Businessentscheidungen, da stimmen die Umsätze. Da wird der Krise standgehalten. Da bleiben auch die Mitarbeiter.

Dort ist es auch die Y- und Z-Generation, die vorne an mitläuft, das Surfbrett zur Seite stößt und Extrastunden schiebt. Upstalsboom und andere Vorreiter beweisen es. Sie stecken sehr viel Zeit und Gelder in die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Teamleiter, egal wie eng der Personalstand aktuell ist.

Das ist großartig und verhilft unserer Branche zu ihrem wichtigen, guten Image, das sie eigentlich haben sollte. Ist sie doch die schönste Branche mit den besten Möglichkeiten, Talente und Hobbys als Mitarbeiter auch im Beruf zu integrieren.

Nach Perlen zu tauchen im Mitarbeiterstab ist ein Kernstück Ihrer Arbeit. Sie versprechen, damit die Arbeitgebermarke zu stärken. Wie das?

Welche Branche kann schon von sich behaupten, dass sie ihren Koch Geige spielen lassen kann im Restaurant, weil das seine Leidenschaft ist? Wer hat einen Botanik-begeisterten Empfangsmitarbeiter, der für das köstliche Kräuterpesto mit selbstgesammelten Wildkräutern verantwortlich ist? Wer kann als Servicekraft schon einen Yogakurs leiten während seiner Arbeitszeit und damit auch noch die Gäste begeistern? Diese verborgenen Fähigkeiten hebe ich bei meinen Beratungen und Trainings, um dann daraus Highlights und Services für Mitarbeiter und Gäste zu entwickeln.

Wie das gelingt, gebe ich auch an die Teamleiter in meinem deep dive-Training weiter. Wie stark, meinen Sie, trägt das zur Mitarbeiterbindung bei? Wie stark zum Erfolg des Teamleiters? Damit sollten wir klappern, um dem Mitarbeiterschwund entgegenzuwirken. Und um ganz nebenbei damit das Unternehmen zu stärken.

Gedanken formen Wirklichkeit, lehren Sie: Das eigene „Mindset“ lässt sich positiv wenden; wer Schlechtes erwartet, dem widerfährt auch Schlechtes. Mit welchen Methoden könnten eine momentan generell verunsicherte Gastronomie und Hotellerie wieder positiv denken und handeln lernen?

Der wichtigste Schritt ist, dich dafür zu entscheiden, es anders zu machen. Der nächste Schritt ist, auf deine Gedanken acht zu geben. Wir denken 60- bis 80.000 Gedanken am Tag. Davon sind 80 Prozent Bullshit. Sie sind falsche Annahmen, verkehrte Glaubenssätze oder einfach nicht wahr. Wenn wir uns weiter von ihnen an der Nase herumführen lassen, kommen wir gezwungenermaßen ins Burnout.

Genauso gut können wir die Gedanken für uns zu nutzen. Was wir denken, annehmen und fühlen, erzeugt unser Handeln. Wenn wir eine Top-Führungskraft werden wollen, können wir anfangen, eine solche Top-Führungsperson im Geist zu definieren, beginnen, so zu denken wie sie, uns so zu verhalten wie sie und Schritt für Schritt in diese unsere Rolle hineinzuwachsen. Auch hier geht es um Mindset, Persönlichkeitsentwicklung, Potenzialentfaltung, das Erkennen eigener Stärken, das Fokussieren auf ein gemeinsames, größeres Ziel und das Wissen, wie man das seinem Team vermitteln kann.

Es ist die stetige, bewusste Bereitschaft und der Spaß, sich weiterzuentwickeln. Wenn du es dann noch schaffst, diesen Drive auf dein Team zu übertragen, hast du es geschafft. Dann machst du nicht nur dich groß, sondern auch dein Unternehmen und unsere Branche. Ist das nicht großartig?

www.die-hotelharmonisierer.com


Das deep dive-Training „Vom Kollegen zum Chef“ findet als dreitägiges, intensives Präsenztraining in einer Gruppe bis maximal zehn Teilnehmern mit Start am 17. Februar 2022 in Freiburg oder am 14. März 2022 in Düsseldorf statt.

Infos und letzte Anmeldungen:
www.die-hotelharmonisierer.com/fuehrungskraeftetraining-vom-kollegen-zum-chef/

Zum Reinschnuppern ins Thema stellt Lisa Boje ihr dreitägiges, kostenfreies Email-Training gerne zur Verfügung:

Ladies bitte hier entlang, Gents klicken bitte hier.
 

 

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